Als ich am Pfingstmontag die Kundenbetreuung meines Autoherstellers anrufen musste begrüßte mich der übliche Sprachcomputer, ich tippe 2, dann nochmal die 2, dann die Ansage „Wir freuen uns, dass Sie die XX-Kundenbetreuung anrufen. Sie sind an Warteposition Nummer 1. Wir sind gleich für Sie da. (Musik)…“ – Nach über 30 Minuten an der „ersten Warteposition“ ist meine Freude über die Erreichbarkeit am Feiertag in mega Kundenfrust umgeschlagen. Schade, im persönlichen Telefonkontakt hätte das Unternehmen Pluspunkte sammeln können.
Ein guter Anlass für mich, 10 Tipps aus unserem Kommunikationstraining für Call Agents weiterzugeben.
1. Wie melde ich mich richtig am Telefon?
Old School, ja vielleicht, gleichzeitig eine absolute Basisanforderung. Kommt der Gruß am Anfang oder ans Ende? Wann und wie nenne ich meinen Namen? Im Grunde ist das dem Anrufer egal, Hauptsache verständlich und freundlich.
Tipp 1: Melden Sie sich ruhig und ohne Hetze. Atmen Sie entspannt ein während Sie den Anruf annehmen! (Dann sprechen Sie nämlich nicht zu früh.)
Tipp 2: Stellen Sie den Gruß oder andere nicht so wesentlichen Informationen eher an den Anfang, da die Aufmerksamkeit des Anrufers in den ersten Sekunden häufig noch nicht voll da ist. Eine Begrüßung jedoch ist so geläufig, dass diese in der Regel immer verstanden wird. Anders verhält sich das mit Ihrem Namen: möchten Sie, dass er verstanden wird? Dann stellen Sie ihn das Ende Ihrer Begrüßung.
Beispiel: Wenn ich outbound telefoniere, grüße ich meine Gesprächspartner in der Regel mit deren Namen, mache eine minimale Pause und nenne dann erst meinen Namen.
Tipp 3: Die Profis sprechen verschiedene Kombinationen aus Gruß, Vor-/Nachname und Firmenname auf Band, hören es sich an und wählen die verständlichste Variante aus.
Beispiel: „Baureferat der Stadt München, Sie sprechen mit Herrn Schmidt, guten Tag.“ (oder: wie kann ich helfen? etc.).
2. Eine gute Beziehungsebene aufbauen
Aus meiner Erfahrung mit Seminarteilnehmer*innen und bei Trainings-on-the-Job gelingt es den meisten „Profi-Telefonierern“ (Call Center, Hotlines, etc.) ordentliche Telefonate zu führen, in denen die Beziehung nicht verschlechtert wird. Die allermeisten Anrufer*innen sind auch wirklich gut zu haben.
Sollte es Ihnen nicht um lediglich ordentliche Telefonate gehen, sondern Sie im Kundenkontakt echte Akzente setzen wollen („Wow-Effekt“), dann werden Sie vermutlich Zeit und Liebesmüh in einen entsprechenden Verbesserungsprozess investieren müssen.
Tipp 4: Gleichen Sie in erster Linie Ihre Stimmlage, Lautstärke und Sprechgeschwindigkeit der Ihres Gesprächspartners an. Und anschließend auch Ihre Sprache: verwenden Sie ähnliche Wörter. Dies wird auch „Pacing“ (Schritt halten) genannt (vgl. NLP).
Tipp 5: Den Anrufer als Menschen mit Bedürfnissen hören und ernst nehmen. Das erfordert mehr Absicht beim Zuhören als Zeit. Sie hören vielleicht zwischen den Zeilen, dass jemand gerade auf dem Sprung in ein Meeting ist (oder ähnliches). Wenn Sie dann beim Abschied so etwas wie „gute Ergebnisse“ wünschen, haben Sie die individuelle Situation nicht nur gut wahrgenommen, sondern auch noch darauf reagiert und sicherlich einen Stein mehr im Brett bei Ihrem Kunden.
3. Was tun bei sogenannte „schwierigen Anrufer*innen“?
Hand auf’s Herz: wie viele echt schwierige Anrufe pro Woche haben Sie? Einen?
Unsere Seminarteilnehmer nennen im Schnitt einen pro Woche bis einen pro Monat. Natürlich ist das unter anderem abhängig davon, ob es sich um den Vertriebsinnendienst, eine technische Kundenbetreuung oder das Beschwerde-Management handelt. Hier einige Handlungsempfehlungen:
Tipp 6: Die Emotionen des Anrufers haben für gewöhnlich nichts mit Ihnen als Person zu tun. Trennen Sie also Ärger, der auf ein Produkt/ Serviceleistungen/ Ihr Unternehmen bezogen ist von Ihrer Person, statt alles an sich ran zu lassen. Und gleichzeitig nehmen Sie die Anrufer mit ihren Anliegen ernst.
- Allerdings: Landen bei Ihnen auf Dauer mehr „unangenehme Zeitgenossen“ als bei Ihren Kolleg/innen, dann hat es vermutlich doch etwas mit Ihrer spezifischen Art der Kommunikation zu tun. Also: Wie schaffen Sie es, schwierige Telefonate wie „magisch anzuziehen“? Die Beantwortung dieser Frage könnte nicht einfach sein, aber ist sicher lohnend. (Wann hat jemand zuletzt Gespräche mit angehört und Ihnen lösungsfokussiertes Feedback gegeben?)
Frage: Denken Sie öfter in Kategorien wie „Labertaschen, Choleriker, Zicken“ über Ihre Anrufer? Sie wissen bereits, dass dies persönliche Bewertungen und Etiketten sind, die wir ändern können und sollten.
Tipp 7: Hilfreich für eine wirklich verbindende Kommunikation ist eine Haltung im Sinne Virginia Satirs: „Ist Deine Einstellung zu einem anderen Menschen keine Wertschätzende, dann betrachte sie als falsch.“
Die „schwierigen Anrufer“ sind auch nur Menschen, die ein unerfülltes Bedürfnis haben.
Tipp 8: Finden Sie heraus was das unerfüllte Bedürfnis ist und prüfen Sie, was Sie tun möchten und können. (Vgl. das Konzept „Gewaltfreie Kommunikation“ von M.B. Rosenberg.) Allein die aufrichtige Absicht, den Menschen am anderen Ende der Telefonleitung zu verstehen, bewirkt meist schon kleine, sofort spürbare Wunder.
Tipp 9: Begleiten Sie etwaige Emotionen Ihrer Anrufer empathisch mit Worten, das beruhigt in aller Regel. In unseren Trainings üben wir, wie das geht. (Spoiler: es unterscheidet sich fundamental von „bewerten“.)
Tipp 10: Seien Sie Profi auch in der Kenntnis Ihrer internen Prozesse, gesamten Produktpalette und weiteren Ansprechpartner*innen. Das kommt richtig gut an.
4. Der beste Gesprächsabschluss und das Follow-Up
Gesprächseinstieg und -abschluss sind sehr sensible Gesprächsphasen – nutzen Sie Ihre Chance, diese sehr positiv zu gestalten!
Bonus-Tipp:
- Noch einmal den Namen der Kundin nennen
- Kurze Zusammenfassung der Gesprächergebnisse
- Konkrete Vereinbarung über eventuelle nächste Schritte
- Natürlich: Dank und freundliche Verabschiedung
Arbeiten Sie die Vereinbarungen zuverlässig nach. Selbstorganisation und Zeitmanagement, sowie die internen Abläufe sind hier der Engpass!
5. Womit unsere Kunden die besten Erfahrungen gemacht haben
Führen Sie eine gründliche Auftragsklärung mit Ihrem Trainingsanbieter durch und stellen Sie sicher, dass dieser genau hinhört. Dann stimmen Sie die Trainingsinhalte und Eckpunkte des Gesamtprozesses ab.
Was uns betrifft: unsere nachhaltigen Lernprozesse beginnen bereits mit der Einladung und werden in einem hochwirksamen Training weitergeführt. Die persönlichen Erkenntnisse festigen wir in den Wochen nach dem Training durch mit Ihnen vereinbarte Maßnahmen der Transferbegleitung.
Ca. 10 bis 12 Wochen nach dem Training führen wir Trainings-on-the-Job mit den Teilnehmern durch, besprechen Fragen, die erst in der Umsetzung aufgetaucht sind und geben Feedback zu realen Gesprächen anhand vorher definierter Kriterien. Auch das am Tagesgeschäft orientierte Feedback von Kolleg*innen wird einbezogen. Dieses „vernetzte Lernen“ führt zu besten Ergebnissen.
Wenn Sie mehr erfahren möchten, sprechen Sie mit uns. Wir freuen uns immer über einen guten Dialog.